(Stuttgart/Metzingen) – Die Nocubi GmbH aus Metzingen hat ein innovatives Liegesystem entwickelt, um die Dekubitus-Entstehung zu verhindern. Die Wirkung konnte bereits in einer klinischen Studie nachgewiesen werden. Die Gefahr, sich wegen fehlender Bewegung wundzuliegen, betrifft allein in Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen, v. a. Demente, Muskelerkrankte, Querschnittgel?hmte und Komapatienten. Menschen, die nicht in der Lage sind, sich aus eigener Kraft zu bewegen, m?ssen regelm??ig umgelagert werden. Ein enormer Aufwand – sowohl f?r die Pflegekr?fte als auch f?r das Gesundheitssystem, Krankenh?user und Pflegeeinrichtungen, die mit dem Pflegenotstand zu k?mpfen haben. Das Liegesystem Nocubi hat soeben seine Konformit?tserkl?rung vorgelegt, kommt jetzt auf den Markt und hat das Potenzial, das Leben von Patienten und Pflegekr?ften erheblich zu erleichtern.
Dr. Markus Spalek ist Zahnarzt, F?lle von Dekubitus kommen in seinem Fachgebiet eigentlich nicht vor. Anders im privaten Umfeld. Als er vor Jahren das Leiden seiner Gro?mutter erlebte, konnte er sich nicht vorstellen, dass es daf?r keine technische L?sung geben sollte: „Ich habe damals mitten in der Nacht die Idee einer Lagerung der Patienten auf sich bewegenden Rollen skizziert“, erinnert sich der Mediziner. „Doch dann habe ich das Papier in die Nachttischschublade gelegt – und durch meine selbst?ndige Berufsaus?bung keine Zeit gehabt, die Idee weiterzuentwickeln.“ Nach einigen Jahren, nach einer beruflichen Ver?nderung, beschloss er seine Ideenskizze von damals wieder aufzugreifen und begann zu recherchieren: „Ein Dekubitus ist zu nahezu 100 Prozent vermeidbar, wenn es genug Personal gibt. Und genau da liegt aktuell das gro?e Problem.“ Sieben bis f?nfzehn Minuten dauert eine Umlagerung, die in individuell unterschiedlichen Abst?nden von ein bis vier Stunden stattfinden sollte. Je nach Gewicht der Patienten k?nnen daf?r mehrere Pfleger notwendig sein. Zur Entlastung der Haut k?nnen die Betroffenen au?erdem auf Weichlagerungs- oder Wechseldruckmatratzen gebettet werden – L?sungen, die durchaus sinnvoll seien und eine Verbesserung der Situation bewirkten. „Aber sie sto?en doch schnell an ihre Grenzen und k?nnen das Problem nicht in dem Umfang l?sen, wie es aus meiner Sicht erforderlich w?re“, sagt Dr. Spalek. „Das von mir entwickelte Nocubi Liegesystem ist eine elektronisch gesteuerte aktive Unterlage, die sich in der Wirkweise von allen bekannten Antidekubitus-Systemen grundlegend unterscheidet“, erkl?rt er seine Idee.
Denn ein Dekubitus entsteht dort, wo die Durchblutung nicht mehr funktioniert: Beim dauerhaften Liegen kommt es durch den langen Druck zu einem Abklemmen der Blutgef??e. Dadurch kommt es neben einem Sauerstoffmangel im Gewebe zu einer Anh?ufung giftiger Stoffwechselprodukte, die wiederum weitere Sch?digungen bewirken. In der Folge entstehen Blutgerinnsel und schlie?lich stirbt das Gewebe ab. Ein Dekubitus kann das Gewebe bis auf die Knochen sch?digen, den Patienten gro?e Schmerzen bereiten und das Pflegepersonal durch die Wundversorgung zus?tzlich belasten. Ein Zustand, mit dem sich der Erfinder von Nocubi nicht abfinden wollte. „Durch eine andauernde Ver?nderung der Auflagepunkte entsteht bei unserem System eine besondere Form des Wechseldruckes, der Nocubi-Effekt. Es findet ein st?ndiger, engmaschiger Wechsel zwischen Be- und Entlastung statt“, so Dr. Spalek. Dieser Peristaltik-Effekt in den Gef??en wird durch gefederte Aluminiumrollen erzielt. Sie bewegen sich mit einer kaum wahrnehmbaren Geschwindigkeit unter dem Patienten hindurch und sorgen so f?r den kontinuierlichen Wechsel der Druckverh?ltnisse in Richtung vom Fu? zum Kopf. Die Sinnhaftigkeit der Entwicklung best?tigte dann auch die klinische Erprobung: „Im Rahmen einer Studie, die Nocubi gemeinsam mit der BruderhausDiakonie durchf?hrte, konnten wir nachweisen, dass das Umlagerungsintervall in einem Pflegeheim gefahrlos von anderthalb Stunden auf vier Stunden erh?ht werden konnte. Damit sind bei den betroffenen Bewohnern statt sechs nur zwei Umlagerungen pro Nacht notwendig. Das ist eine ungeheure Entlastung f?r die Pflegekr?fte.“
Den Prototypen lie? Dr. Spalek noch bei einem Handwerker auf der Schw?bischen Alb herstellen, aber es war ihm schnell klar, dass er bei diesem Projekt gr??er denken musste. Auf der Suche nach einem Produktionspartner wurde er in der BioRegion STERN bei einem Hersteller von Medizintechnikprodukten f?ndig. Die BEMOTEC GmbH aus Reutlingen verf?gt ?ber eine 25 Jahre lange Erfahrung mit der Herstellung von Rollatoren und Behindertensystemen. Und bei Gesch?ftsf?hrer Peter Hermann rannte Dr. Spalek mit seiner Idee offene T?ren ein: „Das ist f?r uns eine Herzensangelegenheit, wir haben auch in der eigenen Familie Dekubitus-Erfahrung und Nocubi ?berzeugte uns sofort.“
Gegr?ndet hat Spalek sein Unternehmen im Juni 2021 gemeinsam mit seinem Sohn Timo Spalek, der aktuell noch BWL studiert. Das junge Familien-Start-up ist tats?chlich noch ein „Wohnzimmer-Unternehmen“, das jetzt aber richtig durchstartet. „Die Konformit?tserkl?rung liegt nun vor, das hei?t, jetzt sind wir marktf?hig“, freut sich der Gr?nder. Und der Markt ist riesig: Untersuchungen des Deutschen Instituts f?r Medizinische Dokumentation und Information zeigen, dass mindestens 30 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen dekubitusgef?hrdet sind. Aber auch f?r viele andere Menschen kann Nocubi eine gro?e Erleichterung bedeuten: „Ich habe das Nocubi einem Freund zur Verf?gung gestellt: Er und seine pflegenden Angeh?rigen sind begeistert. Dank Nocubi k?nnen sie einfach die N?chte wieder durchschlafen. Das ist unendlich wertvoll.“
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