Experteneinblick von Joachim Lubsczyk und Paul Rheborg
M?nchen 10.06.2025
Die einen scheinen wie vernarrt, die anderen sprechen von Narrheit – Sch?tzen Z?lle die US-amerikanische Automobilindustrie, oder f?hren sie zu ihrem Untergang? Ersteres ist zumindest das ?ffentlich erkl?rte Ziel, doch die Kritiker sind zahlreich. Fast t?glich neue Entwicklungen in der Zollpolitik machen ein klares Bild umso schwieriger. Eine kurze Analyse der US-Automobilindustrie soll zeigen, ob positive Effekte durch Z?lle m?glich sind, oder ob sie letztendlich nur zum Preistreiber werden.
Die US-Hersteller produzieren haupts?chlich global
Mit 11 % Anteil an der globalen Automobilproduktion waren die USA im Jahr 2024 hinter China weltweit die Nummer zwei. Davon entfallen 45 % auf die „Big Three“ (GM, Ford, Stellantis), 20 % auf deutsche und japanische Marken, der Rest auf viele kleine. Ein Blick auf die Produktionsstandorte der US-Hersteller verr?t nun aber, dass etwa die H?lfte ihres Volumens nicht auf dem Nordamerikanischen Kontinent hergestellt wird. So kommen circa 30 % aus Europa. Und auch in Nordamerika haben die OEMs ein enges Netzwerk mit den Nachbarl?ndern Mexiko und Kanada aufgebaut.
Unter anderem wegen geringerer Kosten und den verf?gbaren Fachkr?ften haben viele gro?e Marken Produktionsst?tten in diesen beiden L?ndern aufgebaut. Dadurch entfallen beispielsweise von allen in Mexiko produzierten Fahrzeugen 42 % auf die „Big Three“. Konsequenterweise bedeuten Z?lle angesichts dieser Struktur der US-Automobilindustrie ein Mehr an Produktionskosten, das letztendlich auf die Verbraucher umgew?lzt wird.
Ist R?ckverlagerung tats?chlich eine Option?
Eine R?ckverlagerung von Teilen dieser gegenw?rtig stark globalisierten Produktionsketten als Reaktion auf Z?lle ist in der Theorie durchaus denkbar und Stellantis oder GM arbeiten bereits daran, mehr in den USA zu produzieren. Ein signifikanter Steuerungseffekt als Resultat der Z?lle w?rde sich allerdings h?chstens mittel-, eher langfristig, einstellen. Und auch dieses Szenario w?re mit hohen Kosten verbunden, die refinanziert werden wollen. In der Vergangenheit war es daher zumeist so, dass die OEMs bei Disruption innerhalb ihrer Lieferketten eher die h?heren Kosten hingenommen haben, statt ihre Produktionsstandorte zu ?ndern.
Ein Spiel aus Z?llen und Gegenz?llen zu starten, stellt sich also schnell als das Gegenteil einer Win-Win-Situation heraus. Die Automobilindustrie ist zu stark globalisiert und steckt zudem ohnehin inmitten einer kostspieligen Technologietransformation. Z?lle f?hren dazu, dass die Wettbewerbsf?higkeit heimischer OEMs weiter sinkt und dass der Markt f?r internationale Marken weniger attraktiv ist. Statt Schutz bieten sie neuen Anlass f?r Sorgenfalten.
Keywords:Struktur,US-Autoindustrie,Z?lle