Resilienz ist tot

Warum Unternehmen ein neues, systemisches Verst?ndnis von St?rke brauchen

„Resilienz ist tot!“ – diese provokante Aussage von Leadership-Choices-Coach Karsten Drath wirkt zun?chst irritierend. Doch sie fordert dazu auf, ein lange g?ltiges Paradigma zu hinterfragen. ?ber Jahre hinweg galt Resilienz als zentrale F?higkeit, um mit Belas-tungen und Krisen besser umzugehen. F?hrungskr?fte und Mitarbeitende wurden dazu angehalten, ihre psychische Widerstandskraft zu st?rken und Herausforderungen mit innerer Stabilit?t zu begegnen. Trotz dieser intensiven Bem?hungen und zahlreicher Trainingsprogramme steigen jedoch vielerorts die Krankenst?nde und psychischen Belastun-gen weiter an. Der klassische Resilienzansatz scheint an seine Grenzen gesto?en zu sein.

Die Vorstellung, dass individuelle St?rke allein Unternehmen krisenfester macht, greift laut Drath zu kurz. Denn wer nur die einzelne Person st?rkt, ?bersieht die Bedeutung des Gesamtsystems. Resilienz sollte nicht l?nger als rein pers?nliche Aufgabe verstanden werden, sondern als Ergebnis des Zusammenspiels von individuellen, teambezogenen und organisatorischen Faktoren. Entscheidend ist, Resilienz messbar zu machen, sie systemisch zu verankern und strategisch in der Kultur eines Unternehmens zu verorten.
Das herk?mmliche Verst?ndnis von Resilienz legt die Verantwortung f?r den Umgang mit Krisen oft ausschlie?lich auf das Individuum. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass dieser Ansatz schnell an Wirksamkeit verliert. Trainings, die ausschlie?lich auf pers?nliches Durchhalteverm?gen zielen, behandeln h?ufig Symptome, ohne die eigentlichen Ursachen von Belastung zu adressieren. Ebenso bleiben die Dynamiken innerhalb der Organisation – wie Arbeitsbedingungen, F?hrungsverhalten, Werte und Strukturen – h?ufig unbeachtet, obwohl sie ma?geblich beeinflussen, wie Menschen auf Druck reagieren.

Hinzu kommt, dass F?hrungskr?fte in herausfordernden Zeiten oftmals versuchen, durch st?rkere Kontrolle gegenzusteuern. Diese Strategie f?hrt jedoch selten zum gew?nschten Ergebnis. Statt Entlastung entsteht h?ufig ein angespanntes Klima, das Ersch?pfung und Unsicherheit weiter verst?rkt. „Wirkliche Resilienz entsteht nicht durch Kontrolle oder H?rte, sondern durch Vertrauen, Zuversicht und psychologische Sicherheit. Ein Umfeld, in dem Menschen offen sprechen, Fehler ansprechen und sich gegenseitig unterst?tzen k?n-nen, f?rdert langfristig Stabilit?t und Leistungsf?higkeit“, so Karsten Drath.

Besonders in Krisenzeiten zeigt sich, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist. Organisationen, die es schaffen, Zuversicht und Vertrauen zu f?rdern, sind widerstandsf?higer – auch wirtschaftlich. Familiengef?hrte Unternehmen profitieren hier oft von einer langfristigen Orientierung und einem wertebasierten Selbstverst?ndnis. Ebenso zeigen viele nachhaltig ausgerichtete Unternehmen, dass Sinn und Verantwortung entscheidende Faktoren f?r Motivation und Stabilit?t sind. Wenn Werte und Sicherheit an die Stelle von Angst treten, profitieren nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch das Unternehmen als Ganzes. Die Last der Krisenbew?ltigung verteilt sich dann von der einzelnen Person auf das gesamte System.
Ein solcher kultureller Wandel erfordert Zeit und eine neue Form der F?hrung. Gefragt sind F?hrungskr?fte, die erkennen, dass wahre St?rke in Menschlichkeit liegt und dass kulturelle Entwicklung ein zentraler Teil organisationaler Resilienz ist. F?hrung bedeutet in diesem Verst?ndnis nicht Kontrolle, sondern Gestaltung – vergleichbar mit der Arbeit eines G?rtners, der die richtigen Bedingungen schafft, damit Neues wachsen kann, statt das Wachstum erzwingen zu wollen.

Vor diesem Hintergrund schl?gt Karsten Drath von Leadership Choices ein erweitertes Resilienzverst?ndnis vor, das auf dem sogenannten Executive FiRE-Modell (Factors Impro-ving Resilience Effectiveness?) basiert. Dieses Modell betrachtet Resilienz als ein messbares, systemisches und strategisch verankertes Konzept. Dabei wird deutlich, dass Resilienz nur dann nachhaltig wirksam sein kann, wenn sie nicht isoliert in Einzeltrainings ver-mittelt, sondern in Strukturen, Prozessen und F?hrungskulturen eingebettet wird.
Resilienz, so verstanden, ist kein individuelles Projekt mehr, sondern Teil der organisati-onalen DNA. Sie zeigt sich in einer Kultur, die psychologische Sicherheit erm?glicht, in der F?hrungskr?fte Zuversicht ausstrahlen und Mitarbeitende ermutigt werden, Verantwortung zu ?bernehmen. So entsteht ein Umfeld, das nicht auf Angst reagiert, sondern auf Vertrauen baut – und in dem Resilienz nicht als starre H?rte verstanden wird, sondern als lebendige F?higkeit, gemeinsam mit Wandel umzugehen.

Am Ende geht es nicht darum, Resilienz tats?chlich f?r „tot“ zu erkl?ren, sondern ihr ein neues Leben einzuhauchen – als systemisches, messbares und menschlich fundiertes Prinzip, das F?hrung, Kultur und Zusammenarbeit auf eine nachhaltige Weise verbindet.

Keywords:Resilienz

adresse