Frankfurt/Wiesbaden, 16. September 2021 – 240.000 zus?tzliche Wohnungen k?nnten im Rhein-Main-Gebiet entstehen, ohne dass daf?r wertvolle Fl?chen in Anspruch genommen werden m?ssen – und zwar durch Aufstockung von Immobilien. Diese Zahlen ermittelte Professor Dr. Ing. Karsten Tichelmann, TU Darmstadt, der bereits 2019 ein Potenzial von 216.000 Wohnungen festgestellt hatte. „Ern?chternd und ermutigend zugleich“, findet Christian Streim, Vorsitzender von Haus & Grund Hessen, das die Zahlen angefragt hat. „Die Entwicklung belegt, wie unt?tig die Landesregierung bislang war – zeigt aber auch einen praktikablen Ausweg aus der Wohnraum-Misere.“
Mit seiner „Deutschlandstudie“ untersucht Professor Tichelmann von der TU Darmstadt regelm??ig die M?glichkeiten, wie neuer Wohnraum geschaffen werden kann, ohne daf?r der Natur unwiederbringlich wertvolle Fl?chen zu entziehen. 2016 betrachteten er und sein Team das Potenzial durch Aufstockung bestehender Wohnh?user. Seit 2019 bezieht er auch Nichtwohngeb?ude und deren Aufstockungs- und Umnutzungspotenzial in seine Untersuchungen ein, etwa Parkh?user, B?ro- und Verwaltungsgeb?ude sowie eingeschossige Einzelhandelsm?rkte.
„Durch Nutzung des Potenzials von Wohngeb?uden und Nichtwohngeb?uden k?nnten im Rhein-Main-Gebiet aktuell bis zu 240.000 zus?tzliche Wohneinheiten entstehen, in ganz Deutschland bis zu 2,7 Millionen“, berichtet er. „Seit 2019 hat sich die Diskrepanz zwischen dem Angebot an Wohnraum und dem tats?chlich weiter gestiegenen Bedarf vergr??ert. Der Trend der weiter steigenden Baulandpreise ist nach wie vor ungebrochen. Kaum ein anderes Wirtschaftsgut hat sich im Zeitraum von 2019 bis 2021 weiter so verteuert wie Immobilien. Neues Bauland zu erschlie?en, ist nur begrenzt m?glich und mit unseren Klimaschutzzielen nicht vereinbar. Warum also nicht neuen Wohnraum ohne die Versiegelung neuer Baugrundst?cke fordern und f?rdern?“
Im Rhein-Main-Gebiet seien seit 2018 etwa 4.200 neue Wohnungen durch Aufstockungen auf bestehenden Geb?uden entstanden, f?r die kein neues Bauland versiegelt werden musste und die Kosten f?r ein Grundst?ck nicht die Entstehungskosten der neuen Wohnungen erh?hen, berichtet Tichelmann weiter. „Angesichts des bedeutsamen Potenzials von bis zu 240.000 Wohnungen, die auf diesem Weg im Rhein-Main-Gebiet entstehen k?nnten, ist das eine geringe Anzahl. Gleichzeitig ist mit einem voraussichtlichen Anstieg der Bev?lkerung in der Region von bis zu 300.000 neuen Einwohnern bis 2030 zu rechnen.“
„Potenzial liegt seit Jahren in Hessen brach“
Die neuen Zahlen der Studie kommen just in dem Moment, in dem die Landesregierung angek?ndigt hat, bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2023 den Verbrauch landwirtschaftlicher oder naturbelassener Fl?chen von aktuell 2,63 Hektar pro Tag auf 2,5 Hektar zu senken. „Wir fragen uns, wie die Landesregierung das schaffen will. Das innerhalb von zwei Jahren um 24.000 Wohneinheiten gestiegene Potenzial f?r Aufstockung belegt f?r uns, wie tatenlos sie in den vergangenen Jahren war“, sagt dazu Christian Streim, Vorsitzender von Haus & Grund Hessen. Er erinnert: „Bereits 2019 haben wir mit unserem 6-Punkte-Plan konstruktive Vorschl?ge gemacht, wie Hessen mit der verst?rkten F?rderung von Aufstockung das Wohnungsangebot in Ballungsr?umen verbessern kann. Denn Aufstockung schafft Wohnraum ohne Fl?chenverbrauch. Dieses Potenzial liegt seit Jahren in Hessen brach.“
Die Vorschl?ge zur F?rderung des privaten Wohnungsbaus auf Bestandsbauten wurden vor zwei Jahren zur Kenntnis genommen, blieben aber bislang unbeachtet. „Aufstockung erfordert kein Bauland und keine Erschlie?ung, weil die Infrastruktur bereits vorhanden ist. Zudem senkt sie den Energiebedarf des darunter liegenden Geb?udes“, stellt Streim die Vorteile heraus. „Insgesamt erfordert Aufstockung gegen?ber dem Neubau auf der Gr?nen Wiese auch deutlich weniger Baumaterial, das derzeit knapp und teuer ist.“
Der Vorsitzende von Haus & Grund Hessen betont: „85 Prozent der Wohngeb?ude befinden sich in privater Hand. Damit stellt die Gruppe der privaten Hauseigent?mer ein gro?es zus?tzliches Potenzial f?r den Wohnungsmarkt dar, das gut gehoben werden kann.“ Zumal durch eine Steigerung des verf?gbaren Wohnraums Wohnungssuchenden viel mehr geholfen w?rde, als durch Zwangsma?nahmen wie Mietpreisbremse oder Restriktionen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Der 6-Punkte-Plan von Haus & Grund Hessen
„Mehr denn je rufen die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt das Bewusstsein f?r den Fl?chenschutz und die von Professor Tichelmann vorgelegten Zahlen nach einer z?gigen Umsetzung unseres 6-Punkte-Plans“, so Streim, der die aktualisierten Punkte von Haus & Grund Hessen zur F?rderung von Aufstockungen im Land vorlegt:
1. Baugenehmigungsfiktion: Nach vollst?ndigem Vorliegen der Antragsunterlagen hat die Beh?rde zwei Monate Zeit, um ?ber den Antrag zu entscheiden. Findet dann keine Entscheidung statt, gilt der Antrag als genehmigt.
2. Zentrale Anlaufstelle: Diese neue Einrichtung unterst?tzt alle, die aufstocken m?chten, in technisch-rechtlichen Fragen zum Bauantrag.
3. Dachgeschossausbauten werden baugenehmigungsfrei gestellt.
4. Entfall der Stellplatzabl?se f?r Dachgeschossausbau und Aufstockungen.
5. F?rdertopf f?r Aufstockungen und Dachgeschossausbau in hessischen Kommunen „mit angespannten Wohnungsm?rkten“.
6. Dauerhafter Wegfall mietpreisregulierender- und k?ndigungsbeschr?nkender Vorschriften bei neuem Wohnraum, der durch Aufstockung und Dachgeschossausbau geschaffen wurde.
„Jeder einzelne unserer Vorschl?ge kann zur Entstehung von neuem Wohnraum f?hren“, so Streim. „Es ist an der Zeit, endlich das brachliegende Potenzial f?r neuen Wohnraum ohne Fl?chenverbrauch in diesem Land zu nutzen und private Bauwillige bei ihren Vorhaben zu unterst?tzen.“
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